Viel ist wahrhaftig nicht vom einstigen Weltwunder
der Antike geblieben. Lediglich eine einzige wieder
aufgerichtete Säule ragt symbolisch aus der
großflächigen Grabungsstätte, aus der ab 1869
englische und später österreichische Ausgräber die
Fundamentreste des Tempels zurück ans Tagelicht
holten.
Der
Tempel der Artemis von Ephesos war der größte
Tempelbau und eines der sieben Weltwunder
der Antike. Die Verlängerung der Marmorstraße führte
als Prozessionsstrasse direkt zum Tempel. Der Tempel
war es, der Ephesos zu dem sagenhaften Reichtum
verhalf, der der Stadt nachgesagt wird.
Man
spricht gelegentlich von der vielbrüstigen Artemis
als Fruchtbarkeitsgöttin, doch sind sich die
Experten nicht einig, ob es sich um Stierhoden,
Brüste oder gar Eier handelt. Die frühere Bedeutung
des Gehänges ist im Laufe der Zeit verloren
gegangen. Fest steht aber wohl , dass es sich beim
Artemiskult um eine Fruchtbarkeitskult gehandelt
hat.
Die
Bauarbeiten des ersten steinernen Tempels begannen nach
der Zerstörung der z.T. hölzernen Vorgängerbauten
um das Jahr 560 v.Chr.. Bauherr war der Lyderkönig
Kroisos. Die Bauarbeiten dauerten ungewöhnliche 120
Jahre. Inschriften zur Folge war Rhoikos von Samos
erster Architekt. Ihm folgten
Chersiphron von
Knossos
und sein Sohn Metagenes, zuletzt Demetrios und
Paionios aus Ephesos, die
ihn um 440 v. Chr. nach Beendigung
der
Perserkriege vollendeten.
Auf
einer Fläche von ca. 100 x 50 Metern waren über 100
reich verzierte Marmorsäulen von 18 bis 19 Meter
Höhe aufgereiht, die schwere Querbalken trugen. In
der Cella, dem Allerheiligsten des Tempels, war eine
vermutlich aus Weinrebholz gefertigte und mit Gold
und Silber verkleidete, etwa 2 Meter hohe Statue der
Artemis aufgestellt. Das Dach wurde aus Zedernholz
gefertigt.
Am 21. Juli 356
v.Chr. ging der Tempel der Artemis
von Ephesos in Flammen auf.
Überliefert ist, dass ein Mann
namens Herostratos, der durch das
Niederbrennen des Weltwunders
berühmt und somit unsterblich werden
wollte, sein Vorhaben in die Tat
umsetzen konnte. Wahrscheinlicher
ist aber wohl, dass ein Blitz in das
Dach des Tempels einschlug und
dadurch der Brand ausgelöst wurde.
Eine "göttliche" Ursache wie ein
Blitzschlag hätte die Priester zu
der Zeit wohl in Erklärungsnot
gebracht.
Der Sage nach soll in
der Nacht des Brandes Alexander der
Große geboren sein. Artemis war in
dieser Nacht nicht anwesend. Sie
weilte
in
Pella um die Geburt
Alexanders zu überwachen. So konnte
sie ihr
Heiligtum im Ephesos nicht
schützen. Ein weiterer Mythos um die
Gestalt Alexanders.
Schon bald nach dem Brand wurde
auf dem Schutt des alten Tempels ein neuer, noch
aufwendigerer, größerer Tempel errichtet. Der neue
Tempel wurde auf einer 3 Meter hohen, mit
umlaufenden Stufen versehenen Plattform errichtet.
127 Säulen von 18 Metern Höhe trugen das reich
verzierte Steindach. Erster Architekt war der
Epheser Cheirokrates.
Die gesamte Bauzeit betrug bei
diesem, dem letzten Tempelbau an die 100 Jahre.
Alexander der Große bot 334 v.Chr. auf seinem
Eroberungszug nach Ägypten an, sich an den Kosten
des Tempelneubaus zu beteiligen. Um unabhängig zu
bleiben, lehnten die stolzen Epheser ab. Schließlich
bescherte das Artemision der Stadt und seinen
Bürgern erhebliche Einnahmen und sicherte den
ungewöhnlichen Reichtum vieler seiner Bürger.
Als der
Apostel Paulus auf seiner zweiten Missionsreise 55
bis 58 n.Chr. in Ephesos predigte, hatte er einen
solchen Zulauf, dass sich die örtlichen
Devotionalienhändler, die vom lukrativen Verkauf
kleiner Artemisfiguren u.ä. lebten, in ihrer
wirtschaftlichen Existenz bedroht fühlten. Im 19.
Kapitel der Apostelgeschichte wird berichtet, dass
der Silberschmied Demetrios den Mob gegen die
Christen und Paulus aufwiegelte.
Der Prachtbau wurde 262 n.Chr.
ebenso wie die Stadt Ephesos von den anrückenden
Goten zerstört. Die Reste wurden später von den
Einwohnern der ephesischen Nachfolgesiedlung Hagios
Theologos unterhalb des Zitadellenhügels als
Baumaterial verwendet.